Solothurner Geschichten

Solothurn - eine Stadt voller Geschichten.

Solothurn - Eine Stadt voller Geschichten.

Solothurn ist eine Stadt der Geschichte, der Geschichten und der Literaten. Jeder Bewohner, jede Mauer und sogar jeder Stein hat seine eigene, spannende Geschichte. Gerne bringe ich dir elf davon etwas näher:

1. Geschichte: Der fehlende Turm

Solothurner Geschichten: Der fehlende zweite Turm der St. Ursen-Kathedrale.

Wenn Du die Kirche von vorne betrachtest, fällt dir auf, dass die Kirche nur einen Turm hat. Der Architekt Gaetano Matteo Pisoni schlug in einer Planungsversion vor, einen zweiten etwas kleineren Turm zu bauen  und das entsprechende Fundament wurde auch umgesetzt. Den großen Turm an der Längsseite, an der Hauptgasse auszurichten, war von Beginn an geplant und Teil der Neuorientierung Pisonis. Der Grund, dass der zweite Turm nicht erbaut wurde, hatte rein finanzielle Gründe. Die zusätzlichen Kosten waren den Bauherren schlicht zu hoch. Sie investierten das Geld lieber in die Sakristei. Statische Gründe - das Absacken der Kirche aufgrund des zu wenig tragfähigen Untergrundes - wird zwar immer wieder als Grund genannt, war aber nicht die tatsächliche Ursache. Kleine Anmerkung: Selbst vielen Solothurnern fällt erst auf, wenn man sie darauf aufmerksam macht, dass ein zweiter Turm fehlt. Derart ist man sich an das Bild des geliebten Wahrzeichens der Stadt gewohnt.

2. Geschichte: Die Leiden des jungen Zimmermanns

Solothurner Geschichten: Die Leiden des jungen Zimmermanns des Solothurner Krummturmes.

Der Krummturm ist ein mittelalterlicher Wehrturm. Er ist 1462/1463 fertig gebaut worden. Der Turm ist fünfeckig, weshalb das Dach von den meisten Seiten als schief erscheint. Im untersten Geschoss ist ein 10 Meter tiefes Verlies. Im Mittelalter wurden dort Verbrecher eingesperrt. Die Solothurner erzählen sich die Geschichte, dass ein Zimmermann sich unsäglich in die Tochter eines Patriziers verliebte. Der Vater sei mit der Verbindung ganz und gar nicht einverstanden gewesen. Er habe deshalb dem verliebten Zimmermann die Aufgabe erteilt, ein schönes, regelmäßiges Turmdach zu erbauen und übergab ihm die Pläne des fünfeckigen Daches mit dem Versprechen, die Hand seiner Tochter an ihn zu übergeben, nachdem er das Werk vollbrachte habe. Als der bemitleidenswerte Zimmermann mit seinem Werk fertig gewesen sei, habe er gesehen, dass das Dach schief sei und er die Geliebte nicht bekommen könne. Er habe sich deshalb aus Liesbeskummer vom Dach in den Tod gestürzt. 

Der Turm liegt an der Aare. Er ist gut sichtbar vom anderen Aareufer aus oder auf einer der empfehlenswerten Flussfahrten von Solothurn nach Biel.

3. Geschichte: Die grüne Fee

Solothurner Geschichten: Die abenteuerliche Gesichte der Absinth-Bar «Die grüne Fee» in der Solothurn Altstadt.

Absinth war das In-Getränk in Frankreich um die Jahrhundertwende von 1900. Die Großen ihrer Zeit von Vincent van Gogh bis Ernest Hemingway und Oscar Wilde waren begeistert vom Absinth, der Wermutspirituose aus dem Val de Travers im Neuenburger Jura. Die Nachfrage nach der Spirituose war derart groß, dass immer mehr schlechte Qualität auf den Markt gebracht wurde. Das Getränk wurde 1915 verboten. Erst 2005 wurde es in der Schweiz wieder erlaubt, die «grüne Fee» herzustellen und zu verkaufen. Gleich nach der Aufhebung des Verbots ging in Solothurn die Bar «Die grüne Fee» auf und wurde zum Medienereignis. Das Ziel des Barbetreibers steht gleich neben der Eingangstüre, schwarz auf grün, der Farbe des Absinths: Dich in die Welt der Feen zu entführen und mit Absinthgeschichten zu verzaubern. Über 40 Sorten Absinth stehen zur Auswahl. 

 

Der Absinth wird aus Wermut, Anis, Fenchel, Alkohol und je nach Rezept mit unterschiedlichen Kräutern hergestellt. Das Getränk wird in einem speziellen Glasbehälter und mit einem Absinthlöffel serviert, mit Wasser vermischt und auf Zuckerwürfel geträufelt. Du findest die Absinth-Bar am Fuß des Chronestutz (Kronengasse 11), der Gasse die zur St. Ursen-Kathedrale hoch führt.

4. Geschichte: Der tapfere polnische Freiheitskämpfer

Geschichten Solothurn: Hausanschrift Kosciuszko-Museum an der Gurzelngasse in der Solothurner Altstadt.

Andrzej Tadeusz Bonawentura Ko´sciuszko war ein Kerl wie er im Buche steht. Ein Nationalheld nicht nur in seinem Heimatland Polen, sondern auch in den Vereinigten Staaten, Weißrussland (Belarus) und Litauen. Ko´sciuszko wurde am 4.2.1746 im damals zu Polen gehörenden Litauen geboren. Er setzte sich für die Ideale der Aufklärung und die Freilassung der Sklaven ein. 1769 studierte er in Paris, wo er mit dem Denken der Aufklärung vertraut wurde. Er kämpfte während dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg an der Seite und im Auftrag der Präsidenten George Washington und Thomas Jefferson. 1784 kehrte er nach Polen zurück, trat in die Armee ein und führte 1794 den Freiheitskampf gegen Russland und Preußen an. Schließlich lebte er erneut in Frankreich und überwarf sich mit Napoleon, weil er dessen Pläne mit Polen nicht mithelfen wollte, umzusetzen. In der Folge zog er zu Xaver Zeltner nach Solothurn. Zeltner war der Bruder eines früheren Solothurner Gesandten am französischen Hof, bei dem Ko´sciuszko mehrere Jahre gelebt hatte. Am 17.10.1817 starb Ko´sciuzko in Solothurn. Etwas bizarr aus heutiger Sicht ist sein Begräbnis: Seine Eingeweide wurden in einer Außengemeinde von Solothurn (Zuchwil) begraben, sein Herz liegt in einer Urne im Warschauer Königsschloss und sein einbalsamierter Körper wurde zunächst in der Solothurner Jesuitenkirche begraben und 1818 in die Königsgruft der Wawel-Kathedrale von Krakau überführt. In Krakau wurde zu seinen Ehren ein eigener Hügel aufgeschüttet und eine Festung darauf errichtet. Das Ko´sciuszko-Museum befindet sich an der Gurzelngasse 12 zwischen den beiden Eingängen des Manor-Kaufhauses.

5. Geschichte: Die unversöhnlichen Steinmetze

Solothurner Geschichten: Portrait einer der beiden Steinmetze an der Steinfassade des Solothurner Rathauses.

Etwas versteckt liegt das Solothurner Rathaus mit seiner prächtigen, kunstvoll gemeißelten Ostfassade. Das Rathaus wurde 1472 von der Hauptgasse an die Rathausgasse verlegt und allmählich - von 1472 bis 1707 - erweitert. In Solothurn geht die Legende um, dass die beiden Steinmetze der Ostfassade sich ganz und gar nicht verstanden und tagein, tagaus Streit miteinander hatten. Schließlich hätten die beiden entschieden, ein Porträt von sich in der Fassade einzubringen. Damit sie sich aber auf ewig nicht mehr ansehen müssten, hätten sie entschieden, ihre Gesichter auf der jeweiligen Außenseite der Eingangssäulen zu meißeln. Und wirklich: Die Säulen bieten einen wunderbaren Sichtschutz für die beiden steinernen Abbildungen.

6. Geschichte: Die kopflosen Stadtheiligen

Solothurner Geschichten: Steinstatue des Stadtheiligen Urs.

Die beiden Stadtheiligen Urs und Viktor waren römische Soldaten in Theben. Im dritten Jahrhundert n. Chr. wurden sie zusammen mit dem in Theben stationierten Heer durch den römischen Kaiser Diokletian nach Rom eingezogen. Grund des Einzugs war der Kampf gegen die Christen. Für das thebäische Heer, von denen die meisten selber Christen waren, kam dies allerdings nicht in Frage. Zu Beginn marschierten sie zwar mit dem übrigen Heer nach Norden, überquerten den Jupiterberg und schlugen ihre Zelte auf. Als der Kaiser befiehl den römischen Göttern zu opfern, lehnte dies der christliche Teil der Thebäer ab, was ihnen als Meuterei ausgelegt wurde. Unter der Führung von Urs und Viktor flohen sie vom Genfersee in Richtung Solothurn, dem damaligen Salodurum. Der Landpfleger Hirtakus regierte die Stadt und die umliegende Region. Er wurde durch den Kaiser mittels Boten über die Ankunft der Flüchtigen unterrichtet und befohlen sie zu töten. Hirtakus nahm das Heer gefangen und plante, die Soldaten zu verbrennen. Ein Gewitter löschte jedoch das Feuer, weshalb die Kämpfer geköpft wurden und in die Aare fielen. Als ihre Körper in Solothurn antrieben, seien Urs und Viktor, mit dem Kopf unter dem Arm, aus dem Wasser gestiegen und 40 Ellen (etwas über 20 Meter) das Ufer hinauf geschritten. Dort seien sie niedergekniet und haben sich - der Legende nach - zur Ruhe gelegt. Während der folgenden Nacht seien Christen, die in Salodurum bereits lebten, vor die Mauer geschlichen, um die beiden Märtyrer zu begraben. 

7. Geschichte: Die wundersame Verlobte

Geschichten Solothurn: Steinbrücke über den Bach in der Verenaschlucht.

Viktor, einer der beiden Stadtheiligen, war mit Verena verlobt. Als Verena vom gewaltsamen Tod Viktors erfahren habe, sei sie in eine nahe gelegene Schlucht geflüchtet und habe dort in einer Höhle gewohnt. Sie habe sich unermüdlich mit einfachen Mitteln um Kranke gekümmert und gesund gepflegt. Der Legende nach habe sie sich schließlich auf einen Mühlstein gesetzt und sich von der Aare bis an deren Mündung in den Rhein treiben lassen. Dort sei sie an Land gestiegen und habe ihr Wirken bis zu ihrem Tod fortgesetzt. In der nach ihr benannten Verenaschlucht - so erzählt man sich - sei sie einmal, als sie zu später Stunde übermüdet von der Krankenpflege, ausgerutscht und habe nur deshalb überlebt, weil sie sich in einer Spalte habe festhalten können. Die Spalte habe heute noch heilende Kräfte. 

Wie die beiden Stadtheiligen Urs und Viktor stammte Verena ursprünglich aus Theben (Ägypten). Man geht davon aus, dass sie um 260 n. Chr. geboren und um 320 n. Chr. in Zurzach gestorben ist. Über ihre Lebensdauer gibt es verschiedene Angaben, nach einer wäre sie mit 94 Jahren gestorben. Auch um ihr Wirken ranken sich eine Vielzahl unterschiedlicher Geschichten. Eine davon ist jene mit dem Mühlstein. Verena wurde aufgrund ihres Wirkens heilig gesprochen. Ihr Gedenktag ist der 1. September. Sie hinterliess eine große Anzahl von Spuren in der Katholischen Kirche in Form von Liedern, Abbildern in Büchern und Kirchenstatuen. In Bad Zurzach wurde zwischen 1010 und 1265 an ihrem Grab ein Kloster errichtet.

8. Geschichte: Der mahnende Blick

Geschichten Solothurn: Steinfigur auf der Jesuitenkirche mit Blick Richtung Paris.

1646 wurden die Jesuiten nach Solothurn berufen. In der Folge wurden verschiedene Bauten errichtet, unter anderem die Jesuitenkirche. Für die Finanzierung der Kirche waren vorab das französische Königshaus, dessen Botschafter (Ambassador) in Solothurn residierte, und Solothurner Patrizierfamilien verantwortlich. Laut einer Legende zeigte sich das französische Königshaus bei der Überbringung der Geldmittel allerdings wenig verlässlich. Als Mahnung an das zugesagte Geld habe man den Blick der auf dem Giebel der Kirche angebrachten Marienstatue gegen Paris gerichtet, in der Hoffnung, der mahnende Blick möge das Geld rascher eintreffen lassen.

 

Die Jesuitenkirche liegt an der Hauptgasse in unmittelbarer Nähe zur St. Ursenkathedrale. Insbesondere der überwältigende Innenausbau im Barockstil wird dich begeistern.

9. Geschichte: Die vielsagende Redeweise

Solothurner Geschichten: Bootsanlegestelle entlang des Solothurner Landhauses.

Als Sitz der französischen Ambassadoren und der wohlhabenden Solothurner Patrizier war die Nachfrage nach Wein während dem Mittelalter und den nachfolgenden Zeiten bereits hoch. Wein wurde zudem im Solothurner Spital verabreicht. Das Bürgerspital Solothurn gründete deshalb bereits 1350 in Le Landeron ein Weingut. 1466 schenkte der Schultheiß Niklaus von Wengi zusätzliche Ländereien an das Weingut zur Bewirtschaftung. Die Flößer, die die Weine auf der Aare nach Solothurn brachten und beim Landhaus löschten, waren sehr bescheiden bezahlt. Sie hatten deshalb das Recht, sich an der Fracht zu bedienen, was sie auch reichlich machten. Und so erstaunt es wenig, dass noch heute in der französisch sprachigen Region der Schweiz die Redewendungen «Être chargé pour Soleur» (für Solothurn beladen sein) und «sur Soleure» (auf Solothurn) bestehen. Sie werden dann verwendet, wenn jemand ordentlich gebechert hat und sich kaum mehr auf den Beinen halten kann.

10. Geschichte: Der nackte Hintern

Solothurner Geschichten: Stein des früheren Berntors in Form eines nackten Hintern.

Während dem Mittelalter stritten sich die beiden Städte Solothurn und Bern um die Vorrangstellung über die Handelswege. So gut heute die Beziehung der beiden Städte und die Freundschaft der Einwohner untereinander sind, so tief waren die Gräben während der damaligen Zeit. Als die Solothurner ihre Stadtfestung errichteten und das Berntor erbauten, wurde ein Stein mit einem nackten Hintern in Richtung Bern miteingebaut. Die Botschaft, was man von Bern hielt, war offensichtlich. 

Das Berntor wurde 1296 erstmals erwähnt, damals jedoch noch unter der Bezeichnung «Bur-thor». Erst später, als das Tor aufgestockt wurde, wurde es umbenannt. 1877 wurde das Berntor - im Rahmen der angestrebten Modernisierung der Stadt - abgerissen. Einzig eine kleine Tafel am früheren Standort (Berntorstrasse 14) in der heutigen Vorstadt erinnert heute noch an das wuchtige Schutztor.

11. Geschichte: Die sagenhafte Elf

Solothurner Geschichten: Glockenspiel mit 11 anstelle 12 Stundeneinstellungen.

Die Zahl Elf ist uns Solothurner heilig. Sie ist unsere Stadtzahl. Aus gutem Grund: Die Stadt zählt elf Brunnen, Kirchen, Kapellen und Museen. Laut manchen Quellen hatte sogar die frühere Schutzmauer um die Stadt elf Tore bzw. Türme. Am Stärksten ausgeprägt ist die Zahl jedoch im Solothurner Wahrzeichen, der St. Ursen-Kathedrale. Der Architekt Pisoni war dermaßen begeistert von der Zahl, dass er gleich die gesamte Architektur der Kirche nach ihr entwurf: ein Glockenturm, der 6 x 11 Meter misst, 11 Glocken, eine Freitreppe mit 3 x 11 Treppen, 11 Altäre, Betstühle in Elferreihen, selbst die Anzahl der Orgelpfeifen lässt sich durch elf teilen und schließlich: Die Bauzeit der Kirche selbst betrug elf Jahre.

Wem das noch nicht genug ist, dem sei versichert, die Zahl lebt. In der jüngeren Vergangenheit wurde ein «Öufibier» («Öuf» ist die Solothurner Dialektform der Zahl Elf) kreiert und gilt seither als Lieblingsbier vieler Solothurner. Ungefähr zur gleichen Zeit wurde sogar ein Glockenspiel mit gerade einmal elf Stundeneinteilungen geschaffen. Das Glockenspiel spielt um: 11:00, 12:00, 17:00 und 18:00 Uhr. Es befindet sich an der Fassade neben der UBS am Amthausplatz.

 

 

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Portraitfoto Stefan Schär, Autor des Reisblogs «mitREISEnd.ch»
Stefan Schär
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